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Behalten Sie doch einfach Ihr Geld! – Regionalwährungen und Kompensation

Kurz was vorweg: Dieser Text hier enthält viel zu viel finanztheoretisches Schwadronieren, das Sie vielleicht gar nicht (wieder) hören/lesen wollen. Wenn es Sie nur interessiert, wie meine Leistungen gerecht, aber finanzmittelschonend bezahlt werden können, springen Sie doch zur Kernaussage.

Ein Problem unserer Zeit, mit dem ich mich nicht alleine weiß:
Meine Dienstleistungen kosten Geld. Die Berechnung dafür darf ich nicht zu knapp ansetzen, denn trotz (noch) günstiger Mietkonditionen fressen Nebenkosten, Versicherungen, Arbeitsgeräte nebst Programmaktualisierungen und nicht zuletzt die Steuer Monat für Monat einen beachtlichen Haps weg.

Meine hauptsächlichen Kunden – Verlage zumeist, und erst recht die Privatkunden – verfügen in der Regel ebenfalls über einen relativ übersichtlichen Etat. So findet man sich auf beiden Seiten der Arbeit schnell dabei, Kompromisse einzugehen, Leistungen zu kürzen und mehr als ein Auge zuzukneifen, um dem Druck des knappen Gelds nachzugeben. Was die Möglichkeiten für die Zukunft jedes Mal noch weiter einschränkt und die groteske Kluft zwischen dem Potenzial und den Bedürfnissen und Notwendigkeiten auf der einen Seite und der Nichtzusammenführung beider auf der anderen Seite wegen des monetären Ungleichgewichts weiter spaltet.

Ich will nicht schwarzmalen und auch keine Verschwörungstheorien herbeizitieren. Dass aber eine Rettung aus sich selbst heraus im Rahmen eines auf ewiges Wachstum ausgerichteten zinseszinsbasierten Finanzsystems nicht funktionieren kann, erschließt sich jedem, der die mathematischen Grundlagen eines Exponentialsystems auch nur halbwegs begriffen hat. Oder man lässt sich dies vom großartigen Georg Schramm erklären, der die aktuelle Situation schon vor Jahren vorhergesagt hat: Georg Schramm: Der Finanzkrieg.

Um den vorletzten verklausulierten Absatz ein wenig mehr ins Reine zu schreiben: Wir haben ein bizarres Ungleichgewicht erschaffen. Viele Firmen arbeiten weit unterhalb der Vollauslastung, oder sie mussten die Preise so sehr senken, dass der aktuelle Gewinn in absehbarer Zeit von den zu erwartenden Preissteigerungen verschluckt werden wird. Zum Heer der Arbeitslosen und Hartz IV-Empfänger, dessen allergrößter Teil im Gegensatz zu von der Sensationspresse geschürten Vorurteilen absolut willens ist, eine wertvolle und angemessen honorierte Arbeit zu übernehmen, gesellen sich noch Millionen von Aufstockern, Unterbezahlten und aus der Statistik Herausgerechneten, für die gleiches gilt. Der Grund, warum sinnvolle Arbeit nicht erledigt wird: Es fehlt am verfügbaren Geld, um diese zu bezahlen.

In sämtlichen sozialen, karitativen, pädagogischen und dem Gemeinwohl gewidmeten Organisationen und Projekten besteht ein wachsender Bedarf an Arbeitskräften – monatelang nicht geschlossene Straßenlöcher, Ausfälle im Öffentlichen Nahverkehr, Unterausstattung der Schulen, Schließung von Jugendeinrichtungen sind nur wenige Beispiele auf einer für jeden einfach zu ergänzenden Liste.

Die dafür benötigten Gelder sind vorhanden, liegen jedoch auf einigen wenigen Konten. Man „lässt das Geld für sich arbeiten“ – eine der größten Lügen unserer Gesellschaft, denn Geld ist unfruchtbar, es kann sich nicht vermehren. Es sind die Menschen am anderen Ende der Verdienstkette, die die echte Arbeit erbringen, deren Wert zur Befriedigung der Zinszahlungen aufgebracht werden muss. Und da es so viel gewinnbringender ist, mit Aktiengewinnen und Finanztricks zu Geld zu kommen als durch persönliche Arbeit, muss das Hamsterrad der Unerreichbarkeiten immer schneller rotieren. Das ist die Endphase des Monopolyspiels, in dem es dem Besitzer der lukrativen Straßenzüge immer schwerer fällt, seine Schadenfreude zu verhehlen über die Mitspieler, die verzweifelt darauf hoffen, vor der endgültigen Pleite wegen seiner überzogenen Mietzahlungen für eine weitere Runde unbeschadet auf „Los“ zu gelangen.

Währenddessen produzieren die noch leistungsfähigen Betriebe aufgrund der Logik des Wachstumssystems auf haarsträubende Weise an den Bedürfnissen vorbei. Die Qualität muss verringert werden, Sollbruchstellen sind ein Muss, damit möglichst schnell nachkonsumiert werden kann. Eines der größten Rätsel der kommenden Zeit wird die Frage sein, wer all die auf Halde produzierten Autos der großen Konzerne kaufen soll, wenn das Gros der Bevölkerung immer ärmer wird?

Angesichts dieser Entwicklungen mag man sich verweigern, in Depressionen versinken, auswandern, protestieren oder auch nach anderen Lösungen suchen, die eine Evolution und einen sanften Übergang ermöglichen, ohne dass das Bestehende erst völlig umgekrempelt werden muss. Erfreulicherweise gibt es in dieser Hinsicht eine Vielzahl an Möglichkeiten.

Die von mir unterstützten – ohne Anspruch der Vollständigkeit – hier im groben Überblick:

  • Eine Vereinigung Berliner Unternehmer und Aktivisten hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die Produktionskreisläufe bei der Akzeptanz von Komplementär- und Regionalwährungen zu schließen und für Verbreitung dieser und Austausch zwischen diesen zu sorgen. Nicht nur der Engel wird dort unterstützt, auch der (mir persönlich nicht vertraute) Minuto findet Unterstützung,  (zur Streichung siehe hier)
  • ebenso wie der PAM, die goldgestützte Währung der Goldgemeinschaft.
  • Nach dem Vorbild der schweizerischen WIR-Bank arbeitet die Deutsche Kompensations-Gesellschaft DKG mit der Verrechnung von multilateralen Bartergeschäften, soll heißen, statt des Ausgleichs via Geld wird mit Dienstleistungen bezahlt, und dies über Verrechnungskonten, die es gestatten, bei einem Teilnehmer Dienste zu leisten und bei einem anderen solche in Gebrauch zu nehmen. Weiterhin unterstützt die DKG ihre Teilnehmer durch Vermittlung von Aufträgen untereinander.
  • Nicht zuletzt macht sich auch die Spreeblüte als Berliner Regionalwährung auf, etabliert zu werden. Hier fehlen allerdings noch gewerbliche Unterstützer, um genügend große Kreisläufe zu etablieren.

Jede dieser Zahlungsalternativen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile. Bei der einen fallen womöglich Umsatz- und Einkommensteuer und/oder Provisionszahlungen an, bei der anderen muss man Vereinsmitglied sein. Insofern mag die Artikelübeschrift etwas übertrieben sein, zumal ich Strom, Steuern, Versicherungen und Miete (im Moment noch) via Euro bezahlen muss. 50% der Eurokosten lassen sich aber in jedem Fall sparen, und nicht selten können ganze 70–80% über Zahlungsalternativen kompensiert werden. 

Wenn Sie dies für überlegenswert halten, aber Fragen offen blieben: nur zu!

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